Montag, 28. Januar 2019
Sprechende Tomaten
„Tomaten sprechen miteinander“, sagt Theresa.
„Sprechen die bairisch?“, frage ich.
„Ich merke, du glaubst mir das nicht“, sagt sie.
Und dann erzählt sie von japanischen Forschern. Die haben das mit den sprechenden Tomaten herausgefunden. Wir hören die Tomaten nicht reden. Aber sie haben andere Methoden. Zum Beispiel wenn eine Larve eine Tomatenpflanze heimsucht. Dann warnt die Pflanze ihre Nachbarin mit einem chemischen Stoff.
„Es kommt noch besser“, sagt Theresa. „Die Pflanze warnt die Nachbarin nicht nur. Mit dem chemischen Stoff bekommt die Nachbarin zugleich ein Mittel, sich zu verteidigen. Die Larve wird sich verziehen.“
„Und warum erzählst du mir das?“, frage ich.
„Weil wir Menschen davon lernen können. Andere vor Gefahr warnen. Nicht einfach wegschauen. Stattdessen helfen.“
Mir wird klar, was Theresa meint. Wir unterschätzen die Natur oft. Als Christ sage ich: Die Schöpfung ist größer als das, was wir Menschen manchmal glauben. Tomaten die sprechen. Sich gegenseitig beschützen. Man lernt nie aus.
Und morgen ist ein neuer Tag
Felix Leibrock, Evangelische Redaktion
Dienstag, 29. Januar 2019
Erste Schritte
Der Zug ist sehr voll. Nur das Kinderabteil ist leer. Ich setze mich rein.
Eine Mutter kommt mit ihrem kleinen Sohn. Ich will meine Sachen packen, ihr das Abteil überlassen.
„Ach, bleiben Sie, es ist doch genug Platz“, sagt sie.
Justus trägt Windeln. Er kann schon stehen, hält sich an meinem Sitz fest. Ich lese in meinem Buch weiter. Dann wabert ein Geruch durchs Abteil. Keine Frage: Die Windel ist voll.
Im Abteil ist ein Wickelbrett. Die Mutter wickelt Justus. Der Geruch ist sehr stark. Kurz überlege ich, ob ich raus gehe.
Justus ist fertig gewindelt. Er steht wieder und hält sich an meinem Sitz fest.
„Können Sie kurz auf Justus aufpassen? Ich bring schnell die Windel weg“, sagt die Mutter.
Dann passiert es: Justus stößt sich von meinem Sitz ab und – läuft!
Die ersten freien Schritte seines Lebens, sagt mir die Mutter, als sie zurück ist.
Was für ein Erlebnis! Ich bin froh, nicht rausgegangen zu sein. Die ersten Schritte. Und ich war dabei!
Mir fällt ein Bibelsatz ein: Gott hat seinen Engeln befohlen, dass du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.
Das wünsche ich dir, Justus!
Und morgen ist ein neuer Tag
Felix Leibrock, Evangelische Redaktion
Mittwoch, 30. Januar 2019
Der Fahrradfahrer
Ich bin zu Fuß unterwegs. Es ist ein Fahrradweg. Aber ich merke das nicht. Ein Fahrradfahrer kommt mit hoher Geschwindigkeit angebraust. Er klingelt, aber ich sehe ihn zu spät. Er muss voll abbremsen, um einen Unfall zu vermeiden.
Der wird mich jetzt zur Schnecke machen, denke ich mir. Wenn ich Fahrrad fahre, bin ich auch oft verärgert über Fußgänger. Oder Autos, die mich schneiden. Ich werde manchmal sogar aggressiv. Erkenne mich selbst nicht wieder, wie schnell ich mich aufrege. Also rechne ich jetzt mit einem Schimpfgewitter.
Aber der Fahrradfahrer lächelt mich an.
Ich entschuldige mich bei ihm.
„Kein Problem“, sagt er und steigt wieder in die Pedale. „Ist mir auch schon passiert. Schönen Tag noch!“
Jetzt stehe ich da und bin perplex. So eine Reaktion hätte ich nie erwartet. Wenn mir beim nächsten Mal jemand die Vorfahrt nimmt, werde ich an diesen Radfahrer denken. Und weiß, wie ich handeln werde. Kein Problem. Ist mir auch schon passiert. Schönen Tag noch.
Und morgen ist ein neuer Tag
Felix Leibrock, Evangelische Redaktion
Donnerstag, 231. Januar 2019
Erste Schritte
Ich bin ein Kind. Mein Onkel lebt alleine. Er hat Geburtstag. Üblich ist es, dass ein paar Tanten oder Onkels kommen. Er hat den Tisch festlich geschmückt.
Aber niemand kommt. Irgendwie haben alle anscheinend andere Termine. Und jede und jeder denkt: Wenn ich nicht komme, ist es nicht so schlimm. Die anderen kommen ja.
Wir warten eine Stunde, zwei. Dann will mein Onkel wieder abdecken. Er schaut traurig aus.
„Warte“, sage ich.
Im Wohnzimmer des Onkels steht ein großer Nußknacker. In einem Regal finde ich ein Holzpüppchen aus Russland. Noch einige andere solcher Figuren trage ich zusammen. Ich setze sie auf die Stühle an der Kaffeetafel.
„Schenk bitte ein, Onkel.“
Jetzt lächelt er.
„Trinken die Kaffee?“, fragt er.
„Der Nußknacker und du ja, die anderen bitte heiße Schokolade. Und für jeden ein Stück Kuchen.“
Am Abend habe ich fünf Tassen Schokolade getrunken und noch mehr Kuchenstücke gegessen.
Einsam zu leben kann wehtun. Aber wir können auch etwas für Einsame tun. Sie besuchen zum Beispiel. Nicht nur am Geburtstag.
Und morgen ist ein neuer Tag
Felix Leibrock, Evangelische Redaktion
Sonntag, 03. Februar 2019
Für immer
Ein Glückwunsch zu meinem Geburtstag freut mich besonders. Er kommt von meinem Freund Martin. Ich kenne ihn seit der Schule. Wir verlieren uns immer mal wieder aus den Augen. Manchmal für Jahre. Aber wenn wir uns dann treffen, ist es wie immer. Wir vertrauen uns. Wir wissen viel über den anderen. Auch Dinge, die wir mit sonst niemandem teilen.
Martin hat mir zwei, drei nette Sätze geschrieben. Eingeprägt aber habe ich mir den Schlusssatz. Er lautet: Dein alter Freund für immer.
Dieses „Für immer“ berührt mich. Darin schwingt mit: Egal, was kommt, ich bleibe dein Freund. Ich bin für dich da, auch wenn’s dir schlecht geht. Auch wenn du Mist gebaut hast.
Martin ist Professor für Theologie. Da hat das „Für immer“ für mich noch eine andere Bedeutung. „Immer“ im Sinne von ewig. Über dieses Leben hinaus. Auch wenn wir beide nicht wissen, was genau nach dem Tod kommt. Aber wenn es an uns liegt, bleiben wir Freunde. Für immer.
Und morgen ist ein neuer Tag
Felix Leibrock, Evangelische Redaktion